Unerwünschte Stoffe
Acrylamid: Grundlagenforschung und Wissenstransfer
Die deutsche Lebensmittelwirtschaft hat sich dem Thema Acrylamid in Lebensmitteln frühzeitig angenommen und sich für die Aufklärung drängender Fragen eingesetzt.Durch dieses Engagement konnten zwei umfassende und aufeinander aufbauende Forschungsprojekte initiiert und intensiv begleitet werden. Die beiden Projekte wurden auf gemeinsame Initiative des Forschungskreises der Ernährungsindustrie e.V. (FEI) und der deutschen Lebensmittelwirtschaft durchgeführt. Die Aktivitäten der beteiligten Industriepartner wurden vom BLL koordiniert. Gefördert wurden die Projekte durch Forschungsgelder aus der industriellen Gemeinschaftsforschung (AiF) des Bundesministeriums für Wirtschaft und Technologie (BMWi). Die systematische wissenschaftliche Bearbeitung der umfassenden Aufgabenstellungen rund um das Thema „Acrylamid in Lebensmitteln“ war für die industrielle Umsetzung der Ansätze zur Minimierung von Acrylamid ein sehr wichtiger Grundstein. Jegliche später erreichte Absenkung von Acrylamid geht letztendlich auf diese grundlegenden Forschungsarbeiten zurück. Zudem konnte ein zusätzlicher Beitrag für das verbesserte Verständnis der Vorgänge beim Erhitzen von pflanzlichen Lebensmitteln geleistet werden.
Interdisziplinäre und branchenübergreifende Minimierungsansätze durch gemeinsame vorwettbewerbliche Forschung
Das erste Forschungsprojekt "Entwicklung von neuen Prozesstechniken zur Vermeidung des Acrylamid-Gehaltes in Lebensmitteln" (Projekt-Nr. AiF 108 ZBG) wurde im Zeitraum von 2003 bis 2005 durchgeführt. Im Rahmen dieses Forschungsprojektes wurden technologische, analytische und Untersuchungen zur Entstehung von Acrylamid im Lebensmittel und seinem toxikologischen Profil durchgeführt. Dabei standen insbesondere Zusammenhänge zwischen Rohstoffeigenschaften (Präkursoren), Prozessbedingungen sowie dem resultierenden Acrylamid-Gehalt und der Produktqualität im Fokus. Entsprechend der Forschungsziele des Projektes waren fünf verschiedene Forschungsstellen an den Arbeiten beteiligt. Von ihnen wurden die verschiedenen Fragestellungen in einzelnen Teilprojekten bearbeitet:
- Analytisches Teilprojekt: Erarbeitung von validierten Daten zu Acrylamid-Gehalten und möglichen Bildungswegen;
- Toxikologisches Teilprojekt: Klärung toxikologischer Eigenschaften von Acrylamid und seines Metaboliten Glycidamid;
- Technologisches Teilprojekt: Acrylamid-Belastung von Getreideprodukten und Backwaren und von Kartoffelprodukten sowie Einfluss von Anlage und Erhitzungsmedium.
Darüber hinaus wurden auch Reaktionsmechanismen, die zur Bildung von Acrylamid und wichtiger positiver Qualitätsparameter, wie z. B. Geruch, Geschmack, Bräunung oder Textur in frittierten Produkten oder Backwaren, führen, identifiziert und im Rahmen des Herstellungsprozesses getrennt erfasst. Weitere Informationen und die Ergebnisse der Untersuchungen aller beteiligten Institute sowie die erarbeiteten Lösungsansätze zur Minimierung der Acrylamid-Gehalte in Lebensmitteln wurden in einem umfänglichen Projektbericht zusammengefasst.
Download Projektbericht AiF 108 ZBG
Auf die Erkenntnisse des ersten Forschungsprojektes aufbauend wurde zwischen 2006 – 2008 das Nachfolgeprojekt " Entwicklung von neuen Verfahren für Kartoffel- und Getreideerzeugnissen mit reduzierten Gehalten an Acrylamid" (Projekt-Nr. AiF 209 ZBG) angeschlossen. Ziel dieses Folgeprojektes war es, die Beeinflussung der Bildungswege und die weiteren Reaktionen von Acrylamid und seines Metaboliten Glycidamid näher zu beleuchten und Verfahrenstechniken im Hinblick auf die Minimierung von Acrylamid bei Getreide- und Kartoffelerzeugnisse weiterzuentwickeln. Daneben sollten Möglichkeiten der Minimierung der Acrylamid-Bildung beim Frittieren in Haushalt und Gastronomie identifiziert werden und Fragen zur Bioverfügbarkeit des im Lebensmittel gebildeten Acrylamids beantwortet werden. Ähnlich wie schon im ersten Projekt beteiligten sich auch im Nachfolgeprojekt Forschungsstellen mit unterschiedlichen Kompetenzen. Somit kann dieses Forschungsprojekt als Fortführung einer erfolgreichen Herangehensweise zur Bearbeitung der sehr komplexen Thematik „Acrylamid in Lebensmitteln“ angesehen werden. Die Ergebnisse und Erkenntnisse der Forschungsstellen zu den Fragestellungen des Nachfolgeprojektes wurden wiederum in einem umfassenden Projektbericht zusammengefasst und veröffentlicht.
Download Projektbericht AiF 209 ZBG
Acrylamid-Toolbox bündelt Erkenntnisse aus Wissenschaft und Praxis
In enger Zusammenarbeit mit Wissenschaft und europäischer Lebensmittelwirtschaft hat der europäische Verband der Lebensmittelindustrie, FoodDrinkEurope, die Erkenntnisse aus Wissenschaft und Praxis über geeignete und wirksame Verfahren zur Minimierung von Acrylamid in Lebensmitteln für die verschiedenen Branchen zusammengetragen und in einer „Acrylamid-Toolbox“ (Werkzeugkasten zur Reduzierung von Acrylamid) aufbereitet. Die Toolbox informiert über Methoden zur Minimierung von Acrylamid, die sich in Herstellungsprozessen bereits bewährt haben und berücksichtigt auch Minimierungsverfahren, die noch in Pilot- oder Laborversuchen erprobt werden. Die Toolbox ist von der Europäischen Kommission anerkannt und wird regelmäßig aktualisiert. Mittlerweile steht die Toolbox in der 15. Auflage zur Verfügung.
Acrylamid-Toolbox
Produktbezogene Merkblätter
In Ergänzung zur Toolbox hat FoodDrinkEurope in Kooperation mit den betroffenen europäischen Branchenverbänden sechs kurze Merkblätter erarbeitet, die Verfahren zur Reduzierung des Acrylamid-Gehaltes in Feinen Backwaren, Brot, Frühstückscerealien, Kartoffelchips, Pommes Frites und bestimmten Nahrungsmitteln für Kleinkinder aufzeigen. Sie richten sich an kleinere und mittlere Unternehmen und nennen Verfahren, die bereits erfolgreich zur Reduzierung der Acrylamid-Gehalte eingesetzt werden. Sie enthalten darüber hinaus auch Erläuterungen zu limitierenden Faktoren der genannten Verfahren. Zwischenzeitlich wurden die Merkblätter in 24 Sprachen übersetzt (alle 23 Amtssprachen der EU-Mitgliedstaaten und in Norwegisch).
Die Arbeiten der europäischen Lebensmittelwirtschaft wurden von der Europäischen Kommission geprüft und anerkannt.
Die deutsche Sprachfassung der produktbezogenen Merkblätter können auch hier heruntergeladen werden:
Kekse, Kräcker und Knäckebrot
frittierte Kartoffelprodukte/Pommes frites
frittierte Kartoffelprodukte/Kartoffelchips
Frühstückscerealien
Brot und Broterzeugnisse
Bestimmte Nahrungsmittel für Säuglinge und Kleinkinder
Stand:
21.03.2019