Position/Stellungnahme

BLL-Stellungnahme zum Entwurf eines vierten Gesetztes zur Änderung des Lebensmittel- und Futtermittelgesetzbuch (LFGB)

- Der BLL hat in einer umfassenden Stellungnahme seine Kritikpunkte an dem Entwurf eines vierten Gesetzes zur Änderung des Lebensmittel- und Futtermittelgesetzbuches, den das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) vor einigen Wochen vorgelegt hat (Stand: 24. April 2015), näher ausgeführt und begründet. Eine der Kernänderungen des vorliegenden Gesetzentwurfs betrifft die Vorschrift des § 40 und insbesondere dessen Absatz 1a LFGB aktueller Fassung.

Im Hinblick auf die seit 1. September 2012 geltende Veröffentlichungspflicht nach § 40 Abs. 1a LFGB aktueller Fassung, wonach die zuständigen Behörden die Öffentlichkeit unabhängig vom Vorliegen einer Gesundheitsgefahr über bestimmte lebensmittelrechtliche Verstöße informieren muss, haben zahlreiche Verwaltungs- und Oberverwaltungsgerichte in Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes erhebliche europarechtliche und verfassungsrechtliche Zweifel geltend gemacht. Der Vollzug der Norm wurde daraufhin bundesweit ausgesetzt. Der Bundesrat forderte die Bundesregierung im März 2013 auf, § 40 Abs. 1a LFGB aktueller Fassung im Hinblick auf die von den Verwaltungsgerichten monierten Mängel zu überarbeiten. Zudem ist ein Normenkontrollantrag des Landes Niedersachsen beim Bundesverfassungsgericht (Az. 1 BvF 1/13) anhängig.

Der BLL hat das Gesetzgebungsverfahren, mit dem § 40 Abs. 1a LFGB aktueller Fassung in das Lebensmittel- und Futtermittelgesetzbuch eingefügt wurde, intensiv begleitet und bereits damals gewichtige rechtliche Bedenken gegen die Norm geltend gemacht. Seine verfassungsrechtlichen Bedenken an der Ausgestaltung des § 40 Abs. 1a LFGB aktueller Fassung hat der BLL zudem in seiner Stellungnahme im Rahmen des abstrakten Normenkontrollverfahrens gegenüber dem Bundesverfassungsgericht zum Ausdruck gebracht.

Vor diesem Hintergrund besteht die Motivation des Gesetzgebers an der Änderung des § 40 LFGB aktueller Fassung vor allem darin, die von den Verwaltungsgerichten monierten Mängel des Gesetzes auszuräumen und entsprechend des Koalitionsvertrages § 40 LFGB aktueller Fassung dahingehend zu ändern, dass „eine rechtssichere Veröffentlichung von festgestellten, nicht unerheblichen Verstößen unter Reduzierung sonstiger Ausschluss- und Beschränkungsgründe“ ermöglicht wird.

Dem selbst gesetzten Ziel der Umsetzung des Koalitionsvertrages durch Schaffung einer rechtssicheren Veröffentlichungsgrundlage für Namensnennungen wird der vorliegende Entwurf eines vierten Gesetzes zur Änderung des Lebensmittel- und Futtermittelgesetzbuches sowie anderer Vorschriften aber nicht gerecht. Zwar werden durch die Ergänzung einer Härtefallklausel und einer gesetzlicher Löschungsfrist sowie durch weitere Änderungen überwiegend klarstellender Art einige der von den Verwaltungsgerichten monierten Punkte im Sinne einer „Minimallösung“ aufgegriffen. Es findet jedoch keine Auseinandersetzung mit sämtlichen aufgeworfenen rechtlichen Zweifeln der Gerichte statt. Wesentliche Kritikpunkte bleiben hingegen unangetastet und lassen auch eine Begründung im aktuellen Gesetzesentwurf vermissen.

Hinzu treten weitere, neu aufgeworfene Fragestellungen in Bezug auf die Neuregelung des § 40 LFGB sowie des § 40a LFGB, die ebenfalls Gegenstand der folgenden Stellungnahme der Lebensmittelwirtschaft sind. Insgesamt ist nicht zu erwarten, dass die Neuregelung zu einer Befriedung der Situation und zu einer Beendigung der gerichtlichen Auseinandersetzungen führen wird. Schon aus diesem Grunde verfehlt der Entwurf die Vorgaben bzw. die Erwartungshaltung des Koalitionsvertrages.