Sachstand und Hintergrundinformationen

Fipronil in Hühnereiern

- Aktuell rufen verschiedene Bundesländer Hühnereier unterschiedlicher Haltungsformen aus niederländischen und deutschen Betrieben zurück, die mit dem Wirkstoff Fipronil belastet sind. Wir informieren über den Sachstand.

Hühnereier

Huevos morenos en un cartón

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Letzte Aktualisierung: 30. Aug. 2017, 18:00 Uhr

Aktuell rufen verschiedene Bundesländer, insbesondere das Ministerium für Umwelt, Landwirtschaft, Natur- und Verbraucherschutz Nordrhein-Westfalen (NRW) sowie das Niedersächsische Ministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz, Hühnereier unterschiedlicher Haltungsformen aus niederländischen und deutschen Betrieben zurück, die mit dem Wirkstoff Fipronil belastet sind.

In den zunächst in Belgien untersuchten Eiern wurden Fipronil-Gehalte zwischen 0,0031 und 1,2 mg/kg gemessen. In den bisher aus Deutschland bekannten Befunden niederländischer und deutscher Eier liegen die Gehalte deutlich unter dem Wert von 0,72 mg/kg, bis zu dem das Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) ein gesundheitliches Risiko für die Bevölkerung, Erwachsene wie Kinder, ausschließt (Quellen: Statement des BfR, Audio; Lebensmittelwarnung.de).

Gesundheitliche Bewertung durch das BfR

Laut BfR geht von den mit Fipronil belasteten Eiern, den Lebensmitteln, in denen diese möglicherweise verarbeitet wurden sowie dem Hühnerfleisch nach aktueller Datenlage keine akute oder chronische gesundheitliche Gefahr für Erwachsene und Kinder in Deutschland aus.

Für die Bewertung hat das BfR die akute Referenzdosis (ARfD) von Fipronil herangezogen. Diese beträgt 0,009 mg pro kg Körpergewicht und bezieht sich auf die Aufnahmemenge einer großen Portion/eines Tages. Um zu überprüfen, ob die ARfD bei den festgestellten Gehalten überschritten wird, wurden zum einen deutsche Verzehrsdaten herangezogen (Nationale Verzehrstudie II) und zum anderen europäische Verzehrsdaten (EFSA PRIMo-Modell). Die Berechnungen wurden zunächst mit der Probe mit dem höchsten Fipronil-Gehalt berechnet, einer Hühnerei-Probe mit 1,2 mg/kg Fipronil. Gemäß der deutschen Verzehrsdaten wird die ARfD sowohl für Kinder als auch für Erwachsene hierbei nicht überschritten. Jedoch wurde mit europäischen Verzehrsdaten eine ARfD-Ausschöpfung für ein Kleinkind im Vereinigten Königreich von 166 Prozent ermittelt. Aus diesem Grunde hat das BfR auch nochmals berechnet, bei welchem Fipronil-Gehalt auf Basis europäischer Verzehrsdaten keine Überschreitung der ARfD mehr erfolgt. So bergen Fipronil-Gehalte in Hühnereiern bis 0,72 mg/kg kein akutes Risiko für Kinder und Erwachsene in der EU.

Begründung für die Rückrufe

Die Rückrufe der Eier sind größtenteils nicht wegen einer Gesundheitsgefährdung erfolgt, sondern erfolgen mit der Begründung, dass die Anwendung von Fipronil bei lebensmittelliefernden Tieren nicht erlaubt ist. Die Belastung der Eier geht nach bisherigem Kenntnisstand auf das Milbenbekämpfungsmittel Dega 16 zurück, dem unerlaubterweise Fipronil zugesetzt wurde. Das zugelassene Mittel Dega 16 ist sowohl ursprünglicher Form als auch mit einem Zusatz von Fipronil im Umlauf, was Untersuchungen der möglicherweise betroffenen Produkte nach sich zieht und somit noch einige Zeit dauern kann.

Einsatz von Fipronil

Fipronil ist ein in der Europäischen Union zugelassener Pflanzenschutzmittelwirkstoff und ein für die Schädlingsbekämpfung zugelassener Biozidwirkstoff. Als Tierarzneimittelwirkstoff oder Biozidwirkstoff in Desinfektionsmitteln ist Fipronil nicht zugelassen.

Nach aktuellem Kenntnisstand des Vereins für kontrollierte alternative Tierhaltungsformen (KAT), über den ein großer Teil der Hühnereier, die in den deutschen Lebensmitteleinzelhandel gelangen, erfasst sind, haben 100 niederländische, vier deutsche und ein belgischer Betrieb das Mittel Dega 16 bezogen. Derzeit werde geprüft, ob und in welchem Umfang die von den genannten Betrieben erzeugten Eier tatsächlich mit Fipronil belastet sind. Es wurde sichergestellt, dass gegenwärtig keine Eier aus diesen Betrieben mehr in den Handel gelangen (KAT-Statement zu Fipronil).

Seitens der Behörden wurde bestätigt, dass niederländische Eier in weitaus größerem Maße von der Belastung mit Fipronil betroffen sein könnten als deutsche Eier.

Die deutsche Lebensmittelwirtschaft wurde zeitgleich mit den Verbraucherinnen und Verbrauchern informiert und ist im Fipronil-Fall unverschuldet betroffen.

Hühnereier in verarbeiteten Produkten

Inwieweit Hühnereier der betroffenen Chargen industriell weiterverarbeitet wurden, wird derzeit ermittelt. Der Bund für Lebensmittelrecht und Lebensmittelkunde (BLL) hat seinen Mitgliedern empfohlen, möglicherweise betroffene Produkte umgehend untersuchen zu lassen. Die Hühnereier mit entsprechendem Stempelaufdruck* sind nicht verkehrsfähig und dürfen aufgrund der bestehenden Rückrufe nicht weiterverarbeitet werden.

Sollten Lebensmittelhersteller in Unkenntnis mit Fipronil belastete Eier vor deren Rückruf verarbeitet haben, müssen sie nachweisen können, dass das Endprodukt, also Nudeln, Mayonnaise, Eiersalat etc. den geltenden rechtlichen Anforderungen entspricht. Das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) hat für Rohstoffe und verarbeitete Produkte die analytische Bestimmungsgrenze von 0,005 mg Fipronil / kg benannt. Das heißt, Lebensmittel, die Fipronil-Gehalte unter 0,005 mg/kg aufweisen, sind verkehrsfähig und müssen nicht vom Markt genommen werden. Im Falle von verarbeiteten Produkten sind zur Berechnung der Verkehrsfähigkeit zusätzlich Verarbeitungsfaktoren zu berücksichtigen. Produkte, die den rechtlichen Bestimmungen nicht entsprechen, sind nicht verkehrsfähig und dürfen somit nicht in den Verkehr gebracht werden.

Aktuelle Informationen zu zurückgerufenen Produkten stehen zur Verfügung unter: Lebensmittelwarnung.de

Welche Bundesländer sind betroffen?

Nach aktuellem Stand seien belastete Eier in alle Bundesländer geliefert worden (Quelle: BMEL).

*Welche Eier sind betroffen?

Betroffen sind in Deutschland Eier mit den nachfolgenden Stempelnummern.

Durchgestrichene Stempelnummern hat das Portal Lebensmittelwarnung.de inzwischen gelöscht, "da die niederländischen Behörden vorsorglich in bestimmten Fällen alle Ställe eines Unternehmens gesperrt hatten. Die Kontrollen der niederländischen Behörden ergeben jedoch keinen Hinweis mehr auf die Anwendung des Mittels oder eine Belastung der Eier."

̶0̶̶-̶̶D̶̶E̶̶-̶̶0̶̶3̶̶6̶̶0̶̶5̶̶2̶̶1̶̶

̶1̶̶-̶̶D̶̶E̶̶-̶̶0̶̶3̶̶5̶̶7̶̶7̶̶3̶̶1̶̶
̶̶1̶̶-̶̶D̶̶E̶̶-̶̶0̶̶3̶̶5̶̶8̶̶0̶̶0̶̶1̶̶
1-DE-0804632 (nur Baden-Württemberg)

2-DE-0358621
2-DE-0804634 (nur Baden-Württemberg)
2-DE-0804635 (nur Baden-Württemberg)

0-NL-4031001
0-NL-4170101
0-NL-4263501
0-NL-4263502
0-NL-4293801
0-NL-4310001
0-NL-4352601
0-NL-4352602
0-NL-4370301
0-NL-4385501
0-NL-4392501

̶1̶̶-̶̶N̶̶L̶̶-̶̶4̶̶0̶̶3̶̶5̶̶7̶̶0̶̶1̶̶
̶1̶̶-̶̶N̶̶L̶̶-̶̶4̶̶0̶̶4̶̶4̶̶4̶̶0̶̶1̶̶
̶̶1̶̶-̶̶N̶̶L̶̶-̶̶4̶̶0̶̶4̶̶4̶̶4̶̶0̶̶2̶
1-NL-4044403
1-NL-4056701
1-NL-4074606
1-NL-4112901
1-NL-4117601
̶1̶̶-̶̶N̶̶L̶̶-̶̶4̶̶1̶̶1̶̶7̶̶6̶̶0̶̶2̶̶
1-NL-4128604
1-NL-4167902
̶1̶̶-̶̶N̶̶L̶̶-̶̶4̶̶2̶̶0̶̶5̶̶1̶̶0̶̶2̶̶
1-NL-4286001
1-NL-4315402
1-NL-4322401
1-NL-4331901
1-NL-4339301
1-NL-4339912
1-NL-4359801
1-NL-4360101
1-NL-4385701
1-NL-4394301
1-NL-4402101

2-NL-4037602
2-NL-4041202
̶̶2̶̶-̶̶N̶̶L̶̶-̶̶4̶̶0̶̶4̶̶4̶̶4̶̶0̶̶2̶
2-NL-4044403
2-NL-4044404
2-NL-4056701
2-NL-4056702
2-NL-4074605
̶2̶̶-̶̶N̶̶L̶̶-̶̶4̶̶1̶̶6̶̶7̶̶9̶̶0̶̶1̶
2-NL-4205101
2-NL-4207903
2-NL-4212103
2-NL-4270802
̶2̶̶-̶̶N̶̶L̶̶-̶̶4̶̶2̶̶7̶̶2̶̶2̶̶0̶̶1̶̶
2-NL-4272202
2-NL-4272301
2-NL-4275603
2-NL-4322402
2-NL-4332601
2-NL-4332602
2-NL-4343401
̶2̶̶-̶̶N̶̶L̶̶-̶̶4̶̶3̶̶6̶̶0̶̶5̶̶0̶̶2̶̶
2-NL-4383803
2-NL-4383804
2-NL-4385702
2-NL-4395001

3-NL-4022701

X-NL-4022701 (X = Ziffern 0 bis 3)
X-NL-4025503

Quelle: Lebensmittelwarnung.de

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Hier geht es zu einer Liste mit Stempelnummern, die in den Niederlanden wegen erhöhter Fipronil-Gehalte zurückgerufen wurden (in niederländischer Sprache):
Liste d. NVWA

Quelle: Lebensmittelwarnung.de

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Schnellwarnsysteme funktionieren

Der BLL sieht in dem Fipronil-Fall keine grundsätzliche Infragestellung der bestehenden gut funktionierenden Schnellwarnsysteme. Denn im Fipronil-Fall waren offenbar kriminelle Machenschaften am Werk. Die Kommunikation der niederländischen und belgischen Behörden wird jedoch auch von Seiten der Lebensmittelwirtschaft als verbesserungswürdig angesehen.

Letzte Aktualisierung: 30. Aug. 2017, 18:00 Uhr