08.09.2017
| Novel Food
Die Neue in der Limo: Kaffeekirsche
Vom Nebenprodukt zum Novel-Food

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Soll den Getränkemarkt erobern: Kaffeekirsche
Die Kaffeekirsche ist die rote Frucht der Kaffeepflanze und sieht im reifen Zustand einer Kirsche nicht unähnlich, daher auch der Name. Sie enthält meist zwei Kerne, die eigentlichen Kaffeebohnen. Bei der Ernte und Herstellung von Kaffee bleiben die Kaffeekirschen als Neben- bzw. Abfallprodukt übrig. In Bolivien, Panama und Nicaragua ist es üblich, aus den getrockneten Schalen ein belebendes Aufgussgetränk namens „Cáscara“ zuzubereiten, sozusagen einen Kaffeekirschentee.
Unternehmen arbeiten am „Kaffeetee“

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Beispiel für ein Mischgetränk auf Grundlage von Kaffeekirschen-Aufguss
Experteninterview zur Kaffeekirsche
Herr Loosen, erste Limonaden mit Kaffeekirsche waren bereits im Einzelhandel und der Gastronomie zu finden. Dabei fehlt der Kaffeekirsche bislang die Zulassung. Was ist hier passiert?
„Im Fall der Kaffeekirschen-Limonade hatte ein junges Unternehmen eine innovative Idee, nämlich das eigentliche Nebenprodukt Kaffeekirsche als Zutat zu verwenden. Schnell war das Produkt per Crowd-Funding und Business Angel finanziert. Um die Zulassung der wichtigen Zutat hatte sich jedoch scheinbar niemand gekümmert, wie die Süddeutsche aktuell berichtet hat. Dabei sieht das Lebensmittelrecht in Europa vor, dass neuartige Lebensmittel erst zugelassen werden müssen. Die Kaffeekirsche steht seit Ende 2016 auf der sogenannten Novel-Food-Liste. Dies bedeutet, dass die EU-Mitgliedstaaten der Auffassung sind, dass sie von den regional zuständigen Lebensmittelbehörden genehmigt werden muss, bevor sie verwendet werden darf. Eine Zulassung hat die Kaffeekirsche in Deutschland bislang nicht. Damit waren und sind Produkte mit Kaffeekirsche aktuell nicht verkehrsfähig.“
Wie sieht der Weg der Zulassung normalerweise aus?
„Neuartige Lebensmittel müssen gemäß der Novel-Food-Verordnung zunächst durch eine Sicherheitsprüfung durch die auf nationaler Ebene zuständigen Behörden oder die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit, die EFSA, und benötigen danach eine Zulassung für die Vermarkung in der EU.“
So eine Zulassung dauert mit bis zu einem halben Jahr recht lange und ist kostenintensiv. Behindert die Regelung junge Unternehmen dabei, innovative Produkte auf den Markt zu bringen?
„Zunächst einmal schützen diese Regelungen Verbraucher davor, dass sie mit nicht zugelassenen Lebensmittelzutaten, die potenziell nicht sicher sind, in Kontakt kommen. Bei neuartigen Lebensmitteln ist es so, dass es Pioniere geben muss, die sich aktiv um eine Zulassung kümmern. Es ist richtig, dass die Unterstützung der Zulassung gerade für junge Gründer und Start-Ups eine finanzielle Herausforderung darstellt. Die Pionierrolle übernehmen daher oftmals etablierte Unternehmen.“
Aber die Kaffeekirsche wird in Mittel- und Südamerika doch schon lange als Lebensmittel genutzt.
„Richtig. Ein wirkliches neuartiges Lebensmittel ist sie damit im wortwörtlichen Sinne nicht. Die Kaffeekirsche wäre damit wohl auch rechtlich eher als traditionelles Lebensmittel aus einem Drittland anzusehen. Für solche sieht die neue Novel-Food-Verordnung, die ab 1. Januar 2018 gelten wird, ein vereinfachtes Anmeldeverfahren vor. Dann muss nicht mehr die Sicherheit, sondern die traditionelle Verwendung nachgewiesen werden. Das Lebensmittel muss in einem Drittland eine mindestens 25 Jahre lange Verwendungsgeschichte haben, das heißt Bestandteil der üblichen Ernährung einer signifikanten Anzahl von Personen in mindestens einem Drittland sein. Wenn dies zutrifft, dürfte die Zulassung einfacher und schneller gehen.“
Wie geht es im Fall der Kaffeekirsche weiter?

© BLL/Matthias Martin
Peter Loosen ist BLL-Geschäftsführer und Leiter des Brüsseler Büros des Verbands.
Wir bleiben gespannt. Danke, Herr Loosen.