Ist Schweinefleisch jetzt noch sicher?
Dieser Artikel erschien zuerst bei lebensmittelmagazin.de.
Interview mit Expertin Katja Ahrens
In Brandenburg wurde erstmals in Deutschland bei Wildschweinen die Afrikanische Schweinepest festgestellt. Was bedeutet das für die Verbraucher:innen?
Katja Ahrens: Erstmal nichts, denn diese Viren sind auf den Wirt Schwein spezialisiert. Menschen sind nicht empfänglich dafür, weshalb die Tierseuche für Verbraucher als ungefährlich gilt.
Müssen sich Verbraucher:innen jetzt Sorgen machen oder etwas berücksichtigen, wenn Sie Schweinefleisch oder Produkte mit Schweinefleisch kaufen oder verzehren?
Der Verzehr von Schweinefleisch oder Produkten, die Schweinefleisch enthalten ist gesundheitlich unbedenklich, da das ASP-Virus nicht auf Menschen übertragbar ist. Küchenhygiene ist aber bei Umgang mit Fleisch immer wichtig und sollte ganz unabhängig von ASP beachtet werden.
Ist auch das Tierfutter sicher, können sich Haustiere anstecken?
ASP wird von Tier zu Tier übertragen. Nach jetzigem Kenntnisstand sind nur Haus- und Wildschweine anfällig für das Virus. Lebensmittel und Futtermittel, die aus infizierten Tieren hergestellt wurde, sind daher ein Infektionsrisiko für gesunde Haus- und Wildschweine. Das ist besonders deshalb von Bedeutung, weil der Erreger lange in der Umwelt überleben kann. Infizierte Lebens- und Futtermittel bleiben lange infektiös – auch wenn sie zum Beispiel eingefroren wurden. Es gibt aber auch Produkte, wie Gelatine oder Kollagen, die bei ihrer Herstellung so behandelt werden, dass der Virus inaktiviert wird.
Darf ich jetzt noch im Wald spazieren gehen, wenn dort auch Wildschweine leben?
Erst einmal steht dem nichts entgegen. Natürlich ist aber darauf zu achten, die ausgewiesenen Sperrgebiete nicht zu betreten. Außerdem gelten Vorschriften zum Mitbringen von Lebensmitteln, die unbedingt eingehalten werden sollen. Achten Sie darauf, dass Sie Lebensmittel und Essensreste mit tierischen Bestandteilen so entsorgen, dass sie unzugänglich für Tiere sind. Da das Virus sehr lange infektiös ist, kann es auch durch Gegenstände wie Werkzeuge, Schuhwerk oder Kleidung verbreitet werden. Deshalb sollten Sie sich bei Spaziergängen verantwortungsvoll verhalten und Hygienemaßregeln beachten. Wenn Sie in der Nähe eines Sperrgebiets unterwegs sind, sollten Sie auch Hunde an die Leine nehmen.
Kommt dieser Fund für Sie überraschend?
Nein. Die ASP breitet sich seit einigen Jahren in Westeuropa aus. Zuletzt wurden vermehrt Fälle in Westpolen gemeldet. Da das Virus durch Wildschweine übertragen wird, war es eine Frage der Zeit, wann auch in Deutschland der erste positive Fall auftritt. Zumindest hat Deutschland in der verbleibenden Zeit alle erforderlichen Vorkehrungen getroffen, um umgehend Maßnahmen zur Eindämmung der Tierseuche vorzunehmen.
Welche Vorkehrungen waren das?
Wir haben uns intensiv abgestimmt, die Seuchenentwicklung eng beobachtet und uns auf einen eventuellen Seuchenfall vorbereitet. Die Wege, über die die ASP sich verbreitet sind vielseitig. Darum war dieser Ausbruch in Deutschland nicht zu verhindern. Es liefen bereits lange im Vorfeld intensive Aufklärungskampagnen für Reisende, Fernfahrer und Jäger. Aber insbesondere die Ausbreitung durch Wildtiere lässt sich nahezu nicht kontrollieren.
Es handelt sich um Wildschweine – warum hat das so große Auswirkungen auf die Schweinehalter?
Das ASP-Virus kann über verschiedene Wege in Hausschweinbestände eingetragen werden. Hier spielen besonders kontaminierte Futtermittel, Kleidung oder Geräte eine Rolle. Auch die Haltung von Hausschweinen in offenen Stallanlagen mit Auslauf stellt ein Risiko dar, weil es hier zum direkten Kontakt zwischen Wildtieren und Hausschweinen kommen kann. Infizierte Schweine sterben in der Regel binnen weniger Tage an der Tierseuche. Um eine weitere Ausbreitung einzudämmen, müssen Schweinehalter bereits beim ersten ASP-Fall im Betrieb den gesamten Bestand keulen. Das schreibt das europäische Recht vor.
Was tut die Politik nun gegen die Ausbreitung?
Schon im Vorfeld des Ausbruchs hat die Bundesregierung die erforderlichen rechtlichen Rahmenbedingungen geschaffen, damit die Landesregierungen nun, wo es nötig ist, schnell reagieren können. Tierseuchenschutz liegt im Aufgabenbereich der jeweiligen Landesregierung des betroffenen Bundeslandes. Darum hat nun Brandenburg alle erforderlichen Maßnahmen wie die Benennung und Einrichtung von Sperrgebieten in einem 6-Punkte-Programm veröffentlicht. Auf Bundesebene laufen außerdem seit Langem Informationskampagnen zur Prävention. Nun haben auch alle anderen Bundesländer entsprechende Empfehlungen herausgegeben. Für die Wirtschaft ist außerdem die Hilfe der Bundesregierung bei der Bewältigung der Krise zentral. Insbesondere geht es hier darum, importierende Drittländer vom Regionalisierungsprinzip zu überzeugen. Denn klar ist, dass ein positiver Fall in Brandenburg noch keinen Ausbruch in Baden-Württemberg bedeutet.
Welche wirtschaftlichen Folgen hat das für die deutsche Land- und Fleischwirtschaft?
Die Folgen des ASP-Ausbruchs sind schwerwiegend. Bereits jetzt haben China, Japan und Südkorea Einfuhrstopps für deutsches Schweinefleisch und auch für Produkte, in den dieses verarbeitet wurde, verhängt. Durch den Wegfall des Außenhandels in den betroffenen Branchen sinken die Preise für Schweinefleisch massiv und der Export bricht ein. Auch andere Produkte können von den Sperren betroffen sein. Das hängt wesentlich davon ab, wie restriktiv die Drittländer damit umgehen. Selbst wenn wir die ASP in den nächsten Monaten in den Griff bekommen, werden die wirtschaftlichen Folgen noch sehr lange anhalten. Wir als Lebensmittelwirtschaft tragen unseren Teil dazu bei, die weitere Ausbreitung der ASP in Deutschland einzudämmen. Bisher sind nur in Brandenburg bestätigte Fälle der ASP bekannt.
Katja Ahrens ist Referentin der Wissenschaftlichen Leitung beim Lebensmittelverband Deutschland und dort unter anderem zuständig für die Bereiche Tierschutz und Tierwohl.