Position/Stellungnahme

Green-Claims-Richtlinie – Bürokratieabbau statt neuer Hürden

- In einem Brief an verschiedene Bundesminister, die EU-Kommission und EU-Abgeordnete mit dem Titel „Bürokratieabbau statt neuer Hürden“ wenden sich 21 Unternehmensverbände aus Deutschland gegen die Green-Claims-Richtlinie (2023/0085(COD)). Die Verbände plädieren dafür, die in Brüssel bereits laufenden Trilog-Verhandlungen über die endgültige Fassung der Richtlinie auszusetzen. 

Trotz des dringenden Appells nach Bürokratieabbau droht diese Richtlinie, übermäßige Bürokratie mit weitreichenden Folgen für Unternehmen, Innovation, Meinungsfreiheit und Verbraucherinformation zu schaffen. Besonders kleine und mittlere Unternehmen wären durch aufwendige Prüfverfahren und hohe Kosten unverhältnismäßig belastet.

Nach dem letzten Trilogtreffen im April 2025 wurde nun angekündigt, dass beim abschließenden Treffen am 10. Juni eine Einigung erzielt werden soll. Die Schattenberichterstatter der EVP haben die Berichterstatter aber ebenfalls schriftlich gebeten, die Europäische Kommission um eine umfassende und eigenständige schriftliche Folgenabschätzung der vorgesehenen Vorabprüfungsverfahren zu ersuchen. Diese Forderung wurde zu Recht damit begründet, dass die Kommission sich selbst für Bürokratieabbau einsetzt und zwischenzeitlich die Richtlinie zur Stärkung der Verbraucher für den ökologischen Wandel ((EU) 2024/825) bislang noch nicht umgesetzt wurde.

Zentrale Aspekte der angeforderten Folgenabschätzung sind die Kosten, der Zeitaufwand und die regulatorischen Risiken, die mit den Vorabprüfungsverfahren für europäische Unternehmen einhergehen. Darüber hinaus wollen die Schattenberichterstatter, dass bewertet wird, welcher Anteil der umweltbezogenen Aussagen tatsächlich unter ein mögliches vereinfachtes Verfahren fallen würde und ob dieses Instrument tatsächlich zur Verringerung des Verwaltungsaufwands beiträgt, ohne die Glaubwürdigkeit von Umweltaussagen zu beeinträchtigen. Diese Forderungen zeigen eindeutig, dass der Trilog ausgesetzt werden muss, bis umfangreiche Folgenabschätzungen vorliegen. 

Wir erkennen ausdrücklich an, dass der Schutz der Verbraucher vor irreführenden Umweltaussagen – etwa in Form von Greenwashing – von großer Bedeutung ist. Gleichzeitig zeigen aktuelle Urteile, dass bestehende Rechtsgrundlagen wie die Richtlinie über unlautere Geschäftspraktiken (UCPD) hierfür bereits ausreichend sind. So entschied das Landgericht Nürnberg-Fürth im März 2025, dass die Aussage „Wir werden bis 2050 klimaneutral sein“ mangels konkreter Pläne irreführend und damit rechtswidrig sei. Im Februar 2025 bestätigte zudem der Bundesgerichtshof ein Urteil gegen ein Unternehmen wegen unbelegter Umweltversprechen auf seiner belgischen Website. Beide Urteile betonen die Pflicht zu Transparenz und Nachweisbarkeit. Diese Entscheidungen belegen, dass die UCPD ein wirksames Instrument gegen Greenwashing darstellt. Vor diesem Hintergrund erweisen sich zusätzliche Regelungen wie die Green-Claims-Richtlinie nicht nur als überflüssig, sondern als hinderlich und schädlich für Rechtssicherheit, Innovation und Wettbewerbsfähigkeit.

Die verpflichtende externe Vorabprüfung aller umweltbezogenen Aussagen stellt einen erheblichen Eingriff in die unternehmerische Kommunikationsfreiheit dar – mit potenziellen Konflikten zu Artikel 5 GG, Artikel 11 der EU-Grundrechtecharta sowie Artikel 10 EMRK. Sie verhindert, dass nachhaltige Leistungen kommuniziert werden können, bevor sie geprüft und genehmigt wurden – das hemmt Transparenz und Innovation gleichermaßen.

Zudem bleibt trotz aller Prüfaufwände die Rechtsunsicherheit bestehen: Ein Konformitätszertifikat schützt Unternehmen nicht vor Abmahnungen oder abweichenden Einschätzungen durch Behörden. Das schafft neue Unsicherheiten und erhöht das Risiko einer Fragmentierung des Binnenmarkts. 

Die folgenden 21 Verbände fordern daher dringend, den derzeit laufenden Trilog auszusetzen.

Bundesverband der Deutschen Industrie e. V. (BDI), Lobbyregister-Nr. R000534
Bundesverband der Deutschen Spirituosen-Industrie und -Importeure e. V. (BSI), Lobbyregister-Nr. R000398
Bundesverband Druck und Medien e. V., Lobbyregister-Nr. R004690
Bundesverband Großhandel, Außenhandel, Dienstleistungen (BGA) e. V., Lobbyregister-Nr. R001756
Bundesverband kostenloser Wochenzeitungen e. V. (BVDA), Lobbyregister-Nr. R001027
DDV Deutscher Dialogmarketing Verband e. V., Lobbyregister-Nr. R000076
Deutscher Brauer-Bund, Lobbyregister-Nr. R000424
DIE FAMILIENUNTERNEHMER e. V., Lobbyregister-Nr. R000433
Fachverband Aussenwerbung e. V., Lobbyregister-Nr. R003791
GDV – Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft e. V., Lobbyregister-Nr. R000774
Gesamtverband Kommunikationsagenturen (GWA e. V.), Lobbyregister-Nr. R000129
Industrieverband Garten e. V., Lobbyregister-Nr. R001198
ICC Germany e. V. Internationale Handelskammer, Lobbyregister-Nr. R004496
Lebensmittelverband Deutschland e. V., Lobbyregister-Nr. R002050
Medienverband der freien Presse e. V. (MVFP), Lobbyregister-Nr. R003990
Pharma Deutschland e. V., Lobbyregister-Nr. R000739
VAUNET – Verband Privater Medien e. V., Lobbyregister-Nr. R001119
Verband Cosmetic Professional e. V., Lobbyregister-Nr. R007254
Zentrale zur Bekämpfung unlauteren Wettbewerbs Frankfurt am Main e. V., Lobbyregister-Nr. R001184
Zentralverband der deutschen Werbewirtschaft ZAW e. V., Lobbyregister-Nr. R000872
ZVEI e. V. Verband der Elektro- und Digitalindustrie, Lobbyregister-Nr. R002101