Pauschale Abwertung hochverarbeiteter Lebensmittel ist unseriös

Prof. Dr. Martin Smollich stellt klar: Die wissenschaftliche Evidenz für eine pauschale gesundheitliche Abwertung von hochverarbeiteten Lebensmitteln fehlt.

Förderband in einer Produktionslinie mit fertig gebackenen Pizzen, die für die Verpackung und Verteilung transportiert werden.
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Die Behauptung, hochverarbeitete Lebensmittel (UPF) seien unabhängig von ihrer Zusammensetzung gesundheitlich abträglich, ist ohne wissenschaftliche Grundlage. Vielmehr ist hier eine differenzierte Bewertung von Lebensmitteln zwingend erforderlich.

Die publizierten Zusammenhänge zwischen UPF-Konsum und verschiedenen Erkrankungen beruhen praktisch ausschließlich auf epidemiologischen Daten, aus denen keine Kausalzusammenhänge ableitbar sind. Zudem deuten die Daten darauf hin, dass eine UPF-reiche Ernährung lediglich Indikator für einen wenig gesundheitsförderlichen Lebensstil ist.

Zudem ist die Gruppe der UPF-Lebensmittel ernährungsphysiologisch äußerst heterogen und umfasst neben Softdrinks und Chips auch TK-Gemüsegerichte, abgepacktes Vollkornbrot und Säuglingsnahrung. Die ernährungsphysiologische Gleichsetzung dieser völlig unterschiedlich zusammengesetzten Lebensmittel ist in hohem Maße unseriös.

Wird in den epidemiologischen Studien zwischen verschiedenen Lebensmittelgruppen innerhalb der UPF differenziert, so bleibt die Assoziation zwischen hohem UPF-Konsum und nicht-übertragbaren Krankheiten lediglich für Softdrinks und hochverarbeitete Fleischprodukte erhalten. Für alle übrigen UPF-Gruppen gibt es keine Assoziation mit gesundheitlichen Nachteilen.

Auch die postulierten Mechanismen, über die UPF angeblich gesundheitsschädlich wirken, sind überaus zweifelhaft. Gerade die häufig angeführte Hyperpalatibility ist keineswegs spezifisch für hochverarbeitete Lebensmittel. Gänzlich unzweckmäßig ist auch die Einstufung von Lebensmitteln als UPF durch Verwendung eines beliebigen Zusatzstoffes – und zwar ohne Berücksichtigung substanzspezifischer Unterschiede und Konzentrationen. Selbst der Zusatz von natürlich vorkommendem Vitamin C führt so zur UPF-Eingruppierung.

Zusammenfassend zeigt die Studienlage eindeutig, dass die undifferenzierte Abwertung hochverarbeiteter Lebensmittel weder datenbasiert noch ernährungswissenschaftlich plausibel ist. Für die gesundheitliche Bewertung von Lebensmitteln ist das UPF ungeeignet.